Jahresrückblick 2020

Das Jahr neigt sich dem Ende zu und die allermeisten werden das wohl nicht allzu sehr bedauern. Ein besonderes Jahr war es und in jedem Falle eines, das sich wohl nachhaltiger in unser aller Erinnerung einprägen wird, als es ein „gewöhnliches“ Jahr vermag. Zum Jahresende lässt man gerne einmal die letzten zwölf Monate Revue passieren. Bei der Rückschau auf die vergangenen (fast) 365 Tage fällt auf, dass das Corona-Jahr Trainern und Athleten einiges abverlangte, es aber dennoch das ein oder andere echte Highlight bot.

Januar 

Eine Hallensaison mit mehreren Optionen für einen Wettkampfstart und guter Stimmung dank zahlreicher Zuschauer… Klingt wie aus einer Welt, doch ist es gerade mal knapp ein Jahr her, dass wir auf dieser Webseite über verschiedene Events unter dem Hallendach berichten konnten. Zwar findet das neuartige Virus bereits zu Beginn des Jahres in den Medien Erwähnung, doch zu diesem Zeitpunkt kann sich kaum jemand vorstellen, wie sehr SARS-CoV-2 die Welt auf den Kopf stellen wird. Sowohl Meisterschaften wie auch die vereinseigenen Events wie Stadioncross oder Munich Indoor finden wie gewohnt statt. 

Februar 

Der Februar steht zunächst im Zeichen der Landesmeisterschaften in der Münchner Werner-von-Linde-Halle. Sowohl im Nachwuchsbereich als auch bei den Männern und Frauen kann der Heimvorteil für zahlreiche Titel und Podestplätze genutzt werden. Besonders glänzt Fabian Olbert mit seinem neuen bayerischen U20-Hallenrekord (6,68 Sekunden). Im weiteren Saisonverlauf drückt er diesen Bestwert noch auf 6,65 Sekunden. Auch Vereinskollege Dominik Idzan ist zu Jahresbeginn in Rekordlaune. Dank ihm steht der bayerische U18-Hallenrekord im Kugelstoßen nun bei 20,35 Meter. Gleich zwei neue Hallen-Landesrekorde verbucht Mittelstreckenläuferin Katharina Trost für sich. Für die 25-jährige gehen 4:10,89 Minuten über 1500 Meter und 2:37,96 Minuten über 1000 Meter in die Rekordlisten ein. 

Die Deutschen Hallenmeisterschaften stellen traditionell den Höhepunkt des ersten Wettkampfblocks dar. Bei der Jugend-DM in Neubrandenburg freuen sich Sprinter Fabian Olbert und Kugelstoßer Joel Akue über Titel. Bei den Erwachsenen stehen Christina Hering (800 Meter) und Laura Gröll (Hochsprung) ganz oben auf dem Treppchen. Eine silbern glänzende Medaille wird Tobias Potye und Katharina Trost umgehängt. Das männliche 4×200-Meter-Quartett stürmt mit neuer U23-Rekordzeit zur Bronzemedaille. Auch das Karriere-Ende der erfolgreichen Mittelstreckenläuferin Mareen Kalis fällt auf den Februar. 

März

Alle guten Dinge sind drei. Das gilt allerdings nicht für den dritten Monat im Jahr 2020. Die Ausbreitung des Virus sorgt dafür, dass die Geschäfte schließen und der Sportbetrieb eingestellt werden muss. Zumindest die Deutschen Crossmeisterschaften können in Sindelfingen am 13. März noch planmäßig ausgetragen werden. Ansonsten gilt es für die Sportler und Trainer, nach Alternativen Ausschau zu halten, denn die Sportanlagen sind zu. Trainiert wird alleine. Im Olympiapark, an der Isar oder im Englischen Garten. Die traditionellen Leichtathletik-Trainingslager um die Osterzeit herum werden allesamt gecancelt. Gruppentraining findet ab jetzt ausschließlich am Bildschirm statt.

Der fleißige Athlet hält sich auch während des Lockdowns beim Online-Athletiktraining fit. Foto: Michael Wilms

April

Während dieser belastenden Zeit verursacht eine weitere Nachricht einen zusätzlichen Tiefschlag. Der ehemalige Präsident der LG Stadtwerke München, Dr. Kurt Mühlhäuser, verstirbt am 18. April. Vor wenigen Tagen (15.12.) wäre der langjährige Förderer unseres Vereins 77 Jahre alt geworden. In seinem Nachruf ist zu lesen: „In den Jahren seiner Präsidentschaft gestaltete er grundlegende Strukturen sowie das leistungssportbezogene Fördersystem maßgeblich mit und brachte seine Persönlichkeit, sein Verhandlungsgeschick, seinen großen Erfahrungsschatz und sein weitreichendes Netzwerk bei einer Vielzahl von Themen gewinnbringend ein.“

Positive Nachrichten können die Organisatoren der European Championships vermelden. Ende April hat der Stadtrat der Landeshauptstadt München den Weg für die Aufstockung der European Championships auf insgesamt neun Wettbewerbe – geplant waren zunächst sieben Titelkämpfe – freigemacht.

Mai

Nachdem der reguläre Trainingsbetrieb für acht Wochen vollständig ausgesetzt wurde, dürfen die Sportler ab 11. Mai endlich wieder auf die Tartanbahn zurückkehren. Die Freude über den Re-Start überwiegt eindeutig dem Umstand, dass es beim Trainingsauftakt gießt wie aus Kübeln. Zunächst sind nur vier bis fünf Kleingruppen mit jeweils maximal fünf Teilnehmern (inkl. Trainer) in den Trainingsstätten zugelassen. Zugang zum Dantestadion bekommen lediglich die Trainer und ihre Kleingruppen über ein Zahlenschloss am Eingangstor. Außerdem wird akribisch protokolliert, wer sich wann im Stadion befindet.

Juni

Nach sechs Trainingswochen und weiteren Lockerungen (z. B. Training in normaler Gruppenstärke) haben die Sportler der LG Stadtwerke München bei einem vereinsinternen Wettkampf die Möglichkeit zu beweisen, dass sie ihre Form trotz der beschrieben Einschränkungen ausbauen konnten. Die Munich Challenge ist eines der ersten Bahn-Events der olympischen Kernsportart im gesamten Freistaat. Organisator Reinhard Maier meistert die sich beinahe täglich ändernden Vorschriften mit Bravour. Er stellt ein Sportfest auf die Beine, bei dem Ansteckungsrisiken minimal und die Bedingungen für Topleistungen optimal sind. Mindestabstand, Maskenpflicht und Händedesinfektion sind für die Sportler und die wenigen zugelassenen Betreuer, Organisatoren und Helfer zu diesem Zeitpunkt der Pandemie bereits Routine. Sehr ungewohnt sind dagegen die freien Bahnen zwischen den Startblöcken oder das Zurücklegen der kompletten 800-Meter-Strecke auf Bahn 3, 5 oder 7, um niemandem zu nahe zu kommen.

Juli

Im Juli kommt die Leichtathletiksaison (endlich) so richtig ins Rollen und mit ihr auch die Mittelstreckenläuferinnen der LG Stadtwerke München. Katharina Trost bewältigt die 800 Meter in Eisenstadt in 2:04,93 Minuten. Christina Hering erreicht bei ihrem ersten Freiluftrennen des Jahres in Luzern den Zielstrich nach 2:03,27 Minuten.

Die LG Stadtwerke München richtet im Dantestadion ihr zweites Sportfest aus und begrüßt dabei etwa 200 Aktive. In diesen Wochen verbessert Drehstoßer Dominik Idzan auch den bayerischen Freiluftrekord der unter 18-jährigen auf nunmehr 20,85 Meter, Hochspringer Tobias Potye gelingt ein gültiger Versuch über beachtliche 2,22 Meter. Darüber hinaus kürt sich 100-Meter-Sprinter Fabian Olbert in Regensburg im Vorlauf mit 10,38 Sekunden zum bayerischen U20-Rekordhalter. Doch die Freude währt nur kurz: Sein Finale endet mit einem Sturz und einem Schlüsselbein- und Handbruch, der den frühzeitigen Saisonabbruch für die DLV-Sprinthoffnung bedeutet. Grund zum uneingeschränkten Jubeln hat Stabhochspringerin Lena Zintl. Die zu diesem Zeitpunkt noch 16-jährige überquert in Gräfelfing 4,12 Meter, womit sie zu den besten europäischen Athletinnen ihres Alters zählt. 

August

Repräsentativ für den Anstieg der Formkurve der Münchner Athleten im Saisonverlauf sind folgende Leistungen: Sprint- und Sprungtalent Yannick Wolf steigert auf der schnellen Bahn in Weinheim seinen 100-Meter-Hausrekord im ersten U23-Jahr auf herausragende 10,27 Sekunden. 800-Meter-Ass Christina Hering verbessert erst in Triest die DLV-Jahresbestmarke erst auf 2:00,71 Minuten. Kurze Zeit später glückt ihr die Premiere in der renommierten Diamond League in Stockholm (4. Platz in 2:02,13 Minuten) und im polnischen Chorzow lässt sie 2:00,47 Minuten folgen. Tobias Potye steigert seine Saisonbestleistung in Sinn auf 2,25 Meter, was in diesem Sommer lediglich ein deutscher Springer übertreffen konnte.

Auch der dritte Wettkampf der Munich Challenge ist ein voller Erfolg. Im Rahmen dieses Events im Dantestadion wird Chef-Organisator Reinhard Maier nach jahrzehntelangem Wirken in verantwortlicher Position verabschiedet.

Nach Olympia- und EM-Absage bleiben die nationalen Meisterschaften das Highlight des Jahres für den deutschen Leichtathletikfan. Bei der DM der Männer und Frauen in Braunschweig sichert sich die LG Stadtwerke München einen kompletten Medaillensatz: Christina Hering gewinnt die 800 Meter, Tobias Potye holt wie schon in der Halle Hochsprung-Silber und Katharina Trost belegt Rang drei über 800 Meter. Ebenfalls erfreulich: Neun der zwölf gestarteten Aktiven reihen sich unter die Top acht ein. 

Die Junioren müssen heuer auf ihre deutsche Meisterschaft verzichten. Für Werfer bietet Halle an der Saale eine Art Ersatzmeisterschaft in Form einer Werfer-Gala an. Speerwerfer Linus Limmer nutzt die Gelegenheit und katapultiert den 800-Gramm-Speer auf 69,57 Meter – Saisonbestleistung und Rang drei im nationalen Vergleich.

In Leverkusen gelingt Katharina Trost ein Coup der besonderen Art: Mit 4:29,35 Minuten stellt sie eine Weltjahres-Bestzeit über die Meile auf. 

September

Nach dem Ausfall der deutschen U16-Einzelmeisterschaften verbleiben für die 14- und 15-jährigen Leichtathleten die Landesmeisterschaften im Rahmen einer „late season“ als Saisonhöhepunkt. Diese finden in Erding und gemeinsam mit den Sportlern der Altersklasse U23 statt. In Summe heimsen die Teilnehmer im Trikot der LG Stadtwerke München insgesamt elf Titel ein. Allein drei davon gehen auf das Konto von U23-Wurf-Alleskönner Martin Knauer (Kugel, Diskus und Hammer).

Bei der Deutschen Jugendmeisterschaft in Heilbronn ist die LG Stadtwerke München mit sage und schreibe 17 Aktiven vertreten, die sechs Medaillen heimbringen. Joel Akue (Kugel), Viola John (100 Meter Hürden), Lena Zintl (Stabhochsprung) sowie Dominik Idzan (Kugel) werden jeweils Vizemeister. Für Tina Benzinger (100 Meter) und Alexander Schaller (Diskus) gibt es Bronze. Sechs weitere Finalplätze runden das sehr gute Abschneiden ab.

Moritz Mühlpointner (M15) und Alexander Kaempf (M14) stellen in Ingolstadt deutsche Jahresbestleistungen über 1500-Meter-Hindernis auf. Richtig rund läuft es auch für Christina Hering, die beim ISTAF in Berlin zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder die 1500 Meter in Angriff nimmt. Mit 4:08,30 Minuten reiht sie sich gleich in die nationale Spitze ein. Nie war eine Läuferin aus dem Bezirk Oberbayern schneller unterwegs. Diese besondere Saison beschließt sie mit einem Diamond-League-Rennen in Rom, bei dem sie – wie schon in Stockholm im August – hervorragende Vierte wird.

Die Auflistung aller Erfolge der Bayerischen Meisterschaften der Männer, Frauen sowie U20 und U18-Nachwuchsklassen würde den Rahmen dieses Rückblicks sprengen. Am Ende sprechen 17 Titel, 13 Mal Silber und 18 Mal Bronze für sich.

Martin Knauer von der LG Stadtwerke München
Martin Knauer (hier bei der DM in Braunschweig) stellte bei den Bayerischen Meisterschaften mit drei Titeln seine Vielseitigkeit unter Beweis. Foto: Theo Kiefner

Oktober

Bei den letzten bayerischen Landesmeisterschaften einer denkwürdigen Saison, die der Mehrkämpfer, siegen Sebastian Kottmann, Mathias Morbitzer und Benedikt Goerl in der U18-Teamwertung. Die zwölfjährige Hammerwerferin Lili Metschl verbessert den Bezirksrekord ihrer Altersstufe auf 46,29 Meter.

Während sich die meisten Sportler bereits in der Vorbereitung auf das Wettkampfjahr 2021 befinden, messen sich die U14-Nachwuchsathleten bei niedrigen Temperaturen in Aschheim. Nachdem dort auch die Bezirksmeistertitel vergeben wurden, ist die Freiluftsaison 2020 endgültig beendet.

November

Die steigenden Corona-Infektionszahlen führen zu neuerlichen und weitreichenden Einschränkungen für einen Großteil des Trainingsbetriebs. Sportler ohne Kaderstatus dürfen ab dem 2. November (wieder) nicht mehr regulär in Gruppen trainieren. Zahlreiche Vereine und Sportstätten schließen. 

Indes hat der Deutsche Leichtathletik-Verband erfreuliche Nachrichten für die Verantwortlichen und Trainer der LG Stadtwerke München: insgesamt 19 Sportlerinnen und Sportlern haben aufgrund herausragender Leistungen den Sprung in die diversen Bundeskader geschafft. Perspektivkader-Status haben nun Laura Gröll, Christina Hering, Fabian Olbert, Tobias Potye, Katharina Trost und Yannick Wolf.

Laura Gröll von der LG Stadtwerke München
Hochspringerin Laura Gröll ist eine von (jetzt; inkl. aller Neuzugänge) 24 Bundeskaderathletinnen der LG Stadtwerke München. Foto: Theo Kiefner

Dezember

Die Hoffnung, dass auch Amateur- und Breitensportler nach einem vierwöchigen „Wellenbrecher“ in den Regelbetrieb zurückkehren dürfen, muss angesichts weiterhin hoher Infektionszahlen leider verworfen werden. Im Gegensatz zum ersten Lockdown sind diesmal allerdings Landes- und Bundeskaderathleten nicht von Einschränkungen betroffen. Sie dürfen ihre Vorbereitung auf das bevorstehende Wettkampfjahr an den Trainingsstätten des Olympiastützpunkts in München fortsetzen. Davon profitieren nach dem Ende der Wechselfrist auch etliche der neuen Gesichter, die ab Januar das schwarze Trikot der LG Stadtwerke München tragen werden. 

Fazit

Eine Auswertung der Leichtathletik-Datenbank LADV hat ergeben, dass Sportler der LG Stadtwerke München im Jahr 2020 an insgesamt 77 Wettkämpfen teilgenommen haben. Was erst einmal ordentlich klingt, ist bei genauerem Hinsehen ein deutlicher Einbruch gegenüber den letzten Jahren (2019: 146 Wettkämpfe; 2018: 143 Wettkämpfe). Auch wenn nicht alle Veranstaltungen bei LADV berücksichtigt werden, ist die Anzahl der dort registrierten Wettkampfanmeldungen doch aussagekräftig: Die Münchner Leichtathletik-Gemeinschaft hat im ablaufenden Jahr 2.359 Meldungen abgegeben hat. Dies entspricht einem Wert von 48 Prozent gegenüber 2019 (4.951 Meldungen). Doch trotz der bisherigen und aktuellen Trainingsbeschränkungen und des verminderten Wettkampfangebots, trotz all der Ungewissheit, die sich seit März hartnäckig hält, steht zweifelsohne fest, dass die Trainer und Sportler der LG Stadtwerke München das Bestmögliche aus diesem Jahr herausgeholt haben. Insgesamt 19 DM-Medaillen (10x Halle, 9x Freiluft) wurden eingeheimst, sieben bayerische Rekorde konnten von Münchnern verbessert werden. Nun gilt es, auch für die anstehende Saison optimistisch zu bleiben. (Nicht nur) Die Sportler, die im Rahmen dieses Rückblicks Erwähnung fanden, legen in diesen Wochen die Grundlagen dafür, dass es auch im nächsten Jahr wieder über reihenweise positive Resultate zu berichten gibt.

Beitragsbild: Theo Kiefner