Mit seinem Auftritt bei der Regensburger Sparkassen-Gala am Sonntag hat Kurzsprinter Fabian Olbert von LG Stadtwerke München in seinem Umfeld innerhalb weniger Sekunden eine rasante Achterbahnfahrt der Gefühle ausgelöst. Der 19-jährige sprintete am Sonntagmittag zunächst in überragenden 10,38 Sekunden über die 100-Meter-Bahn, geriet dann jedoch mit dem Zieleinlauf ins Straucheln und stürzte in der Folge derart heftig auf die Tartanbahn, dass er sich neben diversen Prellungen und Schürfwunden auch einen Schlüsselbeinbruch an der rechten Schulter sowie eine kleinere Fraktur am linken Handgelenk zuzog. Die coronabedingt verspätet begonnene Sommersaison endet für Olbert somit vorzeitig. Einige Früchte seiner Arbeit kann er somit nicht ernten.
Im dritten von insgesamt vier 100-Meter-Vorläufen der Männer im Regensburger Stadion am Weinweg bekam es der amtierende Deutsche Jugend-Hallenmeister der LG SWM unter anderem mit dem Deutschen Meister von 2019 über 100 Meter, Michael Pohl (Sprintteam Wetzlar), sowie mit dem schnellsten bayerischen Sprinter der letzten Jahre, Aleksandar Askovic (LG Augsburg), zu tun. Einen sicheren Startplatz im A-Finale gab es nur für den Vorlaufsieger. Askovic war es, der am besten aus den Blöcken kam und nach 30 Metern führte. Im nächsten Rennabschnitt schlug sich dann Pohl am besten, der für die zweiten 30 Meter lediglich 2,7 Sekunden benötigte. Olbert hingegen war bis zu 60-Meter-Marke fünf Hundertstelsekunden hinter seiner Hallen-Bestzeit von 6,65 Sekunden geblieben. Dementsprechend musste er es gegen derart hochkarätige Gegner im Schlussabschnitt richten. Und er tat es. Olbert kämpfte und nahm Pohl auf den letzten 40 Metern ins Ziel siegentscheidende drei Hundertstelsekunden ab, Askovic sechs. 10,38 Sekunden wurden bei 1,4 Meter Rückwind pro Sekunde schließlich für Olbert gestoppt, 10,40 Sekunden für Pohl und Askovic. Wie nicht nur bei derart knappen Rennverläufen üblich drückten die drei Sprinter ihre Oberkörper mit dem Zieleinlauf über die Linie. Infolge dieser hundertfach praktizierten Bewegung, verlor Olbert dieses Mal das Gleichgewicht und konnte sich nicht mehr auf den Beiden halten. Es folgte der besagte, folgenschwere Sturz.
Sichtbar lädiert und unter Schmerzen verließ der junge Münchner die Bahn. Statt direkt ins Finale führte sein Weg nun direkt ins Krankenhaus. Ein Bruch des Schlüsselbeins war schnell diagnostiziert. Trainer Michael Ehrenreich harrte bei Wind und Wetter fünf Stunden vor dem Krankenhaus aus, um Informationen zu erhalten und seinen Schützling gut versorgt zu wissen. Eine zunächst für den Sonntagabend angesetzte Operation fand schließlich am Montagmorgen statt. Den 90-minütigen Eingriff hat Olbert gut überstanden.
In der bevorstehenden trainings- und wettkampfreien Zeit hat er nun ausreichend Gelegenheit seine Leistung einzuordnen. Olbert, der sich erst Anfang Juli in München auf die Perspektivkadernorm von 10,42 Sekunden gesteigert hatte, verdrängt mit seiner neuen Bestleistung keinen Geringeren als Christian Blum, den vielfachen deutschen Hallenmeister und Silbermedaillen-Gewinner der Hallen-EM von 2015, bereits zum zweiten Mal aus der bayerischen Jugendrekordliste. Dieser hatte vor nunmehr 14 Jahren eine Zeit von 10,39 Sekunden erreicht. In der Halle unterbot Olbert schon seine 6,73 Sekunden über 60 Meter.
Nie zuvor bewältigte ein unter 20-jähriger aus dem Freistaat diese Distanz schneller als Olbert am Sonntag. Unzählige waren es, die sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten in dieser beliebten Disziplin versucht hatten. Selbst auf nationaler Ebene hat die Leistung des gebürtigen Münchners Seltenheitswert. Seit 2001 waren lediglich acht U20-Sprinter schneller unterwegs.
Die bereits fest eingeplanten Deutschen Meisterschaften sowie die anschließenden Deutschen Jugendmeisterschaften müssen zwangsläufig ausgelassen werden. Zu letzteren wäre er aller Voraussicht nach als U20-Jahresbester und klarer Favorit angereist. Nur zu schade findet das Trainer Ehrenreich, der seinem Athleten im letzten Jahr als Jugendlicher – auch mit Verweis auf die ausbaufähige Startphase vom Sonntag – „eine tiefe 30er-Zeit“ im weiteren Saisonverlauf zugetraut hatte. Dass Olbert trotz der achtwöchigen coronabedingten Trainingspause von März bis Mai überhaupt in diesen Leistungsbereich vorgedrungen ist, ist jedenfalls beachtlich. Ehrenreich hofft nun auf einen guten Heilungsverlauf, sodass noch im September mit der Vorbereitung auf das nächste Wettkampfjahr begonnen werden kann.
Die Ergebnisübersicht der Sparkassen-Gala gibt es hier.
Beitragsbild: Theo Kiefner