Nachgefragt bei… Paulina Huber

Hürdensprinterin Paulina Huber von der LG Stadtwerke München steht kurz vor ihrer Rückkehr auf die Tartanbahn. Im Jahr 2016 wurde die Münchnerin Deutsche Jugendmeisterin über 100-Meter-Hürden. Im darauffolgenden Jahr qualifizierte sie sich als Vizemeisterin der Juniorinnen und mit einer Zeit von 13,38 Sekunden für die U23-Europameisterschaften. Der erste internationale Einsatz war jedoch durch anhaltende Schmerzen im linken Fuß beeinträchtigt. Ebenso die Wettkampfsaison 2018, die die heute 21-Jährige nach nur einem Rennen vorzeitig abbrechen musste. Ein belastungsabhängiges Tarsaltunnelsyndrom wurde diagnostiziert. Es folgte eine Zeit des Bangens in der Huber alles Menschenmögliche unternahm, um eines Tages wieder sprinten zu können. Nach einjähriger Wettkampfpause steigt sie nun aller Voraussicht nach beim Rolf-Watter-Meeting in Regensburg in die Saison ein.

Die Süddeutsche Zeitung hat deine sportliche Laufbahn im letzten Jahr sehr treffend mit „Am Schneideweg“ überschrieben. In welche Richtung bist du abgebogen?

Paulina: Ich habe damals tatsächlich überlegt, ob es vielleicht einfach nicht sein soll. Wenn dir wiederholt gesagt wird, dein Fuß sei einfach nicht für den Leistungssport gemacht, dann fängst du irgendwann an, das zu glauben, kannst es aber gleichzeitig nicht akzeptieren. Die ursprünglichen OP-Pläne für meine super seltene Nerveneinklemmung am Mittelfuß wurden schließlich verworfen. Die Thematik ist ziemlich komplex. Kurz gesagt: Der Eingriff wäre schwierig gewesen und die Chance, dass mit erfolgreicher OP alle Beschwerden verschwinden, war gering.
Den Sommer über habe ich letztendlich ein paar Monate Abstand vom Leistungssport genommen, um dem Fuß Ruhe zu geben. Aber aufgeben wollte ich nicht, denn dazu ist meine Liebe zur Leichtathletik einfach zu groß. Und mit 21 Jahren hat man theoretisch die besten Jahre noch vor sich.

Wie geht es deinem Fuß heute?

Paulina: Im September habe ich ein neues Rehaprogramm getestet, was endlich ein kleines bisschen angeschlagen hat. Darauf haben wir dann im Training aufgebaut. Aktuell bin ich beschwerdefrei, was den Fuß angeht. Dass er ab und zu mal zickt, kommt schon noch vor. Allerdings hatte ich in den letzten Jahren um diese Zeit bereits um Welten größere Probleme. Insgesamt trainiere ich jetzt nach einem völlig neuen und anderen Trainingsplan und irgendwie scheint das kleine Wunder zu bewirken.

Du trainierst seit dem Herbst bei Sprint-Landestrainer Patrick Saile. Worauf lag bisher der Fokus eurer gemeinsamen Arbeit?

Paulina: Richtig, nach der Reha habe ich im November begonnen mit Patrick zusammenzuarbeiten. Das war für mich wie ein Wink des Schicksals. Patrick kennt sich wahnsinnig gut mit Füßen aus und hat zum Laufen und Sprinten enorm viel Fachwissen. Also war er genau die Person, die ich nach meiner Reha gebraucht habe, denn ich wusste, ich muss etwas umstellen. Ansonsten wäre die ganze Reha umsonst gewesen und der Fußschmerz wäre – wie jedes Jahr – einfach wiedergekommen. Wir arbeiten also schon seit Monaten intensiv daran, meine Lauftechnik umzustellen. Ich habe definitiv schon deutliche Fortschritte machen können. Je schneller das Training wird, desto schwieriger ist es natürlich, die neue Technik umzusetzen. Aber wir sind auf einem guten Weg.

Paulina Huber von der LG Stadtwerke München
Foto: Astrid Obert

Die Kräfte, die beim Hürdensprinten wirken, sind enorm. Hast du zum Wohle deines Fußes mal darüber nachgedacht, deine Energie einer anderen Disziplin zu widmen oder bist du von den Hürden positiv besessen?

Paulina: Ich habe früher ja Siebenkampf gemacht und diese Abwechslung hat mir immer enorm viel Spaß bereitet. Abgesehen davon, dass ich über 800 Meter und im Wurf völlig talentfrei bin, könnte ich an so gut wie jeder Disziplin Gefallen finden. Ich bin überzeugt, dass jede Sportart, die man leistungssportlich betreibt, dem Körper alles abverlangt. Das Hürdenlaufen war für mich ab dem allerersten Wettkampf das einzig Wahre. Es macht mir mit Abstand am meisten Spaß und gibt mir etwas zurück. Ich werde den Hürden auch noch mit zwei gebrochenen Beinen treu bleiben wollen. (lacht)

In den letzten Jahren konntest du aufgrund deiner Fußproblematik nur eingeschränkt Wettkämpfe bestreiten, hast oft mit sehr starken Leistungen zu Beginn der Saison aufhorchen lassen und musstest dich dann zum Ende hin deinen Schmerzen beugen. Bleibt dir dieser Verlauf hintenraus künftig erspart?

Paulina: Das ist eine Frage, die ich gerne mit „Na klar!“ beantworten möchte. Aber ich kann leider nicht hellsehen und weiß nicht, wie sich meine Verletzungshistorie weiterentwickelt. Wenn die Tendenz sich nicht verändert, bin ich überaus zuversichtlich und kann es auch kaum erwarten, endlich wieder zu starten. Aber aus meinen Erfahrungen habe ich gelernt, dass diese Nervengeschichte am Fuß absolut unberechenbar ist und sich das Blatt sehr schnell wenden kann. Aber an solche negativen Gedanken will ich keine Energie verschwenden. Ich werde mein Bestes geben und wir werden alles versuchen, dass ich endlich mal eine normale Saison bestreiten kann.

Wie wird deine Freiluftsaison grob aussehen und welche Ziele hast du dir gesteckt?

Paulina: Insgesamt ist alles etwas früher dieses Jahr, da die Deutschen U23-Meisterschaften schon Mitte Juni sind. Anfang Juli wären dann die Junioren-Europameisterschaften in Schweden. Eine erneute Teilnahme ist mein großes Ziel, schließlich hat mich mein Fuß beim letzten Mal vor zwei Jahren vollständig ausgebremst. Ich würde gerne noch einmal das Deutschland-Trikot anziehen und dann auch wirklich zeigen, was ich kann.
Auf die Deutschen Meisterschaften in Berlin Anfang August freue ich mich auch schon. Aber das mit Abstand allergrößte Ziel ist es, verletzungsfrei zu bleiben. Endlich wieder einen schmerzfreien Wettkampf zu bestreiten und es ganz einfach zu genießen.