Jonas Bonewit wechselt ins Trainerlager

Jonas Bonewit übernimmt den Posten des Bundestrainers Nachwuchs für den Speerwurf. In seiner neuen Funktion soll er sich in München eine leistungsstarke Trainingsgruppe aufbauen und gleichzeitig seine Disziplin bundesweit vorantreiben. Wir stellen den langjährigen Athleten der LG Stadtwerke München vor und haben uns mit ihm über seine neue Rolle unterhalten.

Die neue Trainertätigkeit

Jonas Bonewit ist zukünftig – gemeinsam mit dem Leverkusener Trainerkollegen Matthias Rau – verantwortlich für die talentiertesten Speerwerfer Deutschlands und erster Ansprechpartner im DLV für sie bzw. deren Trainer. In seiner neuen Funktion gilt es, mit den Heimtrainern der 15- bis 17-jährigen Kaderathleten zusammenzuarbeiten, gemeinsame Lehrgangsmaßnahmen durchzuführen und internationale Nachwuchsmeisterschaften erfolgreich zu gestalten, um die vielversprechendsten Talente der Republik optimal zu fördern.

Den Speer zum Fliegen bringen

Da Abflugwinkel, Geschwindigkeit, Anstellwinkel und Co. die Flugbahn des Wurfgeräts vorgeben, sollte ein guter Wurftrainer Grundverständnis für Physik mitbringen. Interessanterweise hätte Jonas Bonewit nach dem erfolgreichen Abschluss seines Bachelors in Sportwissenschaften um ein Haar genau in dieser Naturwissenschaft seinen Master gemacht. Auch wenn es letztlich Mathematik wurde, weiß der 25-jährige, worauf es ankommt, um den Speer mit den bestmöglichen Parametern abzufeuern. Dafür spricht seine eigene beeindruckende Bestleistung von 78,13 Meter mit dem 800-Gramm-Speer, die er 2017 aufstellte.

 

Die sportliche Laufbahn

Die Eltern von Jonas Bonewit haben ihren Sohn im Alter von 11 Jahren zur Leichtathletik geschickt. Als Glücksfall stellte sich heraus, dass er beim TSV Forstenried, einem Mitgliedsverein der LG SWM, und dort bei Monika Maier landete, die in der Ausbildung von jugendlichen Leichtathleten großen Wert auf ein breit aufgestelltes sportliches Fundament legt. Mit 14 Jahren kam schließlich Wurfcoach Stephan Seeck auf den damaligen Mehrkämpfer zu, um den groß-gewachsenen Sportler auf den Speerwurf zu spezialisieren. Bereits im zweiten Jahr der Zusammenarbeit steigerte er seine Bestleistung um 20 Meter und wurde völlig überraschend Deutscher Jugendmeister 2012. Es folgten viele erfolgreiche Jahre im Trikot der LG Stadtwerke München in der genannten Trainer-Athleten-Konstellation. Bonewit vertrat mehrfach die deutschen Farben bei Europacups im Winterwurf und belegte unter anderem den 4. Platz bei den U20-Weltmeisterschaften 2014.

 

Der Weg zum Trainerjob

Aber nicht nur als Athlet trat der 25-jährige in Erscheinung. Im Herbst 2018 verließ Erfolgscoach Stephan Seeck die bayerische Landeshauptstadt. Nach seinem Weggang fand sich der Speerwerfer plötzlich in der Rolle des Betreuers für seine jüngeren Trainingspartner. Zu ihnen gehören die talentierten Nachwuchs-Werfer Linus Limmer (heute 20 Jahre, 70,26 Meter) und Vincent Schäfer (17 Jahre, 59,63 Meter). In seiner Zusatzrolle kam ihm zugute, dass er sich seit jeher intensiv mit Trainingsplanung und -umsetzung befasst hat. 

Er selbst verfolgte damals wie heute eigene Ambitionen mit dem 800-Gramm-schweren Wettkampfgerät. Um sich weiterzuentwickeln hat er in dieser Zeit Unterstützung bei Speerwurflegende Boris Obergföll gesucht und gefunden. Dieser hat sowohl als Athlet (Olympiateilnehmer und zweifacher WM-Bronzemedaillengewinner unter seinem Geburtsnamen Henry) als auch als Trainer (aktuell ist er verantwortlich für den Weltmeister von 2017, Johannes Vetter) eine beeindruckende Vita. Auch wenn Jonas Bonewit mittlerweile seine Trainingspläne wieder selbst schreibt, hat er die Philosophie des DLV-Bundestrainers bzw. Teamleiters Speerwurf Obergföll verinnerlicht.

Mit seinem ehemaligen Betreuer tauscht sich Jonas Bonewit regelmäßig aus, auch über die Situation am Stützpunkt München. Ende letzten Jahres kam dann schließlich die Anfrage, ob er sich vorstellen könnte, ein Teil des DLV-Trainerteams zu werden, ein Angebot, das zu ihm und seiner gegenwärtigen Lebens- und Berufsplanung passte.

Trainer, Student und Sportler

Gerade in den Wurfdisziplinen ist eine gute Beweglichkeit eine wichtige Leistungsvoraussetzung. Im Speerwurf sorgt beispielsweise eine gut gedehnte Brustmuskulatur dafür, dass der Wurfarm weit zurückgenommen werden kann, was sich positiv auf den Beschleunigungsweg vor dem Abwurf auswirkt. Auch der 1,91-Meter-Hüne zeigt Flexibilität, in dem er aktuell den dreifachen Spagat aus der Trainerrolle beim DLV, dem Studium und den eigenen Ambitionen als Athlet, meistert.

Zwar hat sich mittlerweile der Fokus mehr in Richtung Trainerlaufbahn verlagert, dennoch sollte mit dem mehrfachen deutschen Nachwuchsmeister (2012, 2014, 2016 und 2017) und Stammgast der Top-8 in der Männerklasse (4 x 7. Platz und 1 x 5. Platz bei der DM) auch in 2021 zu rechnen sein, sowohl an der Bande als auch am Speerwurfanlauf.

Wenn ich selbst trainiere, tue ich dies meistens eigenständig vor den Trainingsterminen. So kann ich mich, wenn ich als Trainer auf dem Platz stehe, zu 100 Prozent auf die Sportler fokussieren.

Auch wenn der Aufwand für das eigene Training geringer ist als noch vor einigen Jahren, sieht er sich – was die eigenen Ambitionen betrifft – auf einem guten Weg für den anstehenden Sommer. Seiner Aussage nach läuft es bei ihm momentan überraschend gut im Training.

Zur Zeit sehe ich mich mehr als Trainer, denn als Athlet. Trotzdem bin ich gespannt, welche Ergebnisse bei mir herausspringen werden. Ich merke, dass ich bei meinen Würfen recht gelöst bin und mich würde es nicht wundern, wenn es im Sommer überraschend gut läuft.

Kurzinterview

Worauf legt der Speerwurftrainer Jonas Bonewit den größten Wert?
Speerwerfen bedeutet für den Körper eine harte Belastung. Um dieser standhalten zu können, müssen Sportler die entsprechenden körperlichen Voraussetzungen entwickeln. Wer nicht die nötige Physis besitzt, dem fällt es schwer, eine hohe Zahl an Würfen zu verkraften. Darüber hinaus liegt ein Fokus auf der Technik. Je sauberer du wirfst, desto geringer ist das Verletzungs- bzw. Überlastungsrisiko.

Ein guter Wurftrainer sollte detailverliebt sein.

Wie planst du die Saison?
Wir machen im Herbst eine Phase mit viel Grundlagenarbeit. Dabei stehen neben vielen allgemeinen Würfen mit dem Medizinball sogar Tempoläufe oder Hürdenübungen auf dem Programm. Wir wollen eine spezifische Verträglichkeit erzeugen und den Körper auf alle Facetten der Kraftübertragung vorbereiten. Aus technischer Sicht absolvieren wir Würfe mit Bällen oder Speeren ins Netz. Sobald es das Wetter zulässt, geht es raus. Im Sommer lassen wir die ganz schweren Gewichte im Kraftraum weg und machen stattdessen viel Athletik. Vor einem wichtigen Wettkampf stehen auch ruhige Tage an, die zum Teil Wunder bewirken.

Und in Bezug auf die Wettkämpfe?
Je nach Terminkalender versuche ich, verschiedene Wettkampfblöcke zu planen. Diese werden durch Trainingsphasen unterbrochen, die dabei helfen, dass man auch vom Kopf her neu Anlauf nehmen kann. Es geht darum, dass die Sportler beim Saisonhöhepunkt liefern, zum Beispiel den Deutschen Jugendmeisterschaften. Damit das gelingt, müssen die Athleten überzeugt von sich sein. Vor den entscheidenden Terminen stehen deshalb Trainingseinheiten an, die für Selbstvertrauen sorgen.

Wie sieht eine gewöhnliche Trainingswoche aus?
Bei uns besteht eine Trainingswoche aus fünf bis sechs Einheiten, wovon zwei wurfspezifisch sind. Je weiter die Saison voranschreitet bzw. je höher das Tempo ist, aus dem geworfen wird, desto geringer ist die Zahl der Versuche. Würfe aus vollem Anlauf kosten sowohl mental als auch physisch viel Kraft. Bei manchen Einheiten sind zehn Würfe aus hohem Tempo ausreichend. Imitationen und Rhythmusarbeit sind dagegen ganzjährig regelmäßiger Bestandteil, auch in den Einheiten mit anderer Zielstellung. Wir absolvieren zwei Einheiten im Kraftraum. Dort führen wir die klassischen Gewichthebeübungen sowie spezifische Übungen wie Überzüge oder Kräftigung an der Beugermaschine durch. Die Tiefkniebeuge wird mit Sprungläufen kombiniert, um langfristig die entwickelte Power umsetzen zu können.

Wie schaffst du es, die aktive Karriere, deinen Trainerjob und das Studium zu vereinbaren?
Das ist definitiv eine Herausforderung und aktuell bleibt nicht viel Freizeit übrig. Aber es funktioniert eigentlich ganz gut. Ich stehe früh auf, mache etwas Organisatorisches oder arbeite für die Uni. Vormittags trainiere ich selbst und/oder gebe Training. Dann arbeite ich für drei bis vier Stunden mit den Kaderathleten bzw. schreibe Trainingspläne für die eigenen Sportler, bevor wieder eine Trainingseinheit ansteht, die ich leite. Zwar habe ich es dieses Semester in der Uni etwas ruhiger angehen lassen, trotzdem sitze ich oft nach dem Abendbrot oder am Wochenende noch für ein bis zwei Stunden am Schreibtisch.

Wie bewertest du die aktuellen Voraussetzungen in München?
Aktuell sind wir Werfer in der glücklichen Lage, dass mit Andreas Bücheler ein weiterer hauptamtlicher Coach vor Ort ist und mit Joachim Lipske als Teamleiter noch eine weitere Vollzeitkraft zur Verfügung steht. Gemeinsam mit Krafttrainer Max Mühlbauer haben wir gute Strukturen, die genutzt werden können. Wenn wir gut zusammenarbeiten, wird es uns gelingen, Talente frühzeitig zu erkennen und an die entsprechenden Trainer zu vermitteln. München ist eine große Stadt, in der eine große Konkurrenz unter den Sportarten herrscht. Wir müssen dafür sorgen, dass die talentierten, großen Sportler in der Leichtathletik landen. Es muss Know-how in kleinere Vereine weitergegeben werden, sodass die Trainer sensibilisiert sind, wie geworfen werden soll.

Welche Rolle spielt dabei die LG Stadtwerke München?
Die LG und ihre Stammvereine geben sich große Mühe, Talente für die Leichtathletik zu begeistern. Sie schaffen die Rahmenbedingungen und ermöglichen die nötigen Schritte, die man gehen sollte. Dank des guten Sponsors, die Stadtwerke München, funktioniert das bis in den Leistungsbereich. Als Athlet hatte ich nie das Bedürfnis, mich nach anderen Vereinen umzuschauen. Ich möchte für die LG Impulse setzen, um die Talentsichtung voranzutreiben und den Trainern in den Teilvereinen zeigen, was ein Speerwurftalent ausmacht.

Was muss deiner Meinung nach ein Jugendlicher für diesen Sport mitbringen?
Das Wichtigste ist der Spaß am Werfen. Ich sehe meine Aufgabe darin, dass dieser vermittelt wird und erhalten bleibt. Grundsätzlich sind lange Arme gut. Große, athletische Typen, die idealerweise noch schnellkräftig sind und über ein großes Kraftpotenzial verfügen, haben die besten Voraussetzungen. Zuletzt bestimmt noch die individuelle Leistungsbereitschaft und das Umfeld – z. B. Schule – darüber, wie gut sich ein Talent entwickeln kann.

Welche Bedeutung haben die deutschen Speerwerfer um Thomas Röhler, Andreas Hofmann und Johannes Vetter, die in der absoluten Weltelite mitspielen?
Das sind sympathische Typen, die einen mitreißen können. Die TV-Quoten bei Leichtathletik-Großereignissen sind erfreulich. Wenn die Speerwerfer fit sind, betreiben sie gute Werbung für unsere Disziplin und können so viele Nachwuchssportler begeistern.

Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die neue Aufgabe.

Meldung des DLV über die wichtigsten personellen Trainer-Veränderungen zum Jahr 2021.

Beitragsbild: Marcus Buck