Im traditionsreichen Koblenzer Stadion Oberwerth kommen am Wochenende, 26. und 27. Juni, die 78. Deutschen U23-Meisterschaften zur Austragung. Zehn Juniorinnen und Junioren im Trikot der LG Stadtwerke München nehmen an insgesamt 14 Wettbewerben teil. Insgesamt sind es 26 Aktive, die den Freistaat vertreten. Zusätzlich zu DM-Titeln und Medaillen werden in Koblenz auch die Startplätze für die U23-Europameisterschaften vom 8. bis 11. Juli in Tallinn (Estland) vergeben. Mit im Vorfeld bereits mehrfach erfüllter EM-Normanforderung gehen Selina Dantzler (Kugelstoß) und Yannick Wolf (100 Meter) in die DM-Wettwerbe, die vor dem Hintergrund fortbestehender Einschränkungen ob der Corona-Pandemie vor leeren Zuschauerrängen stattfinden werden. Der Deutsche Leichtathletik-Verband überträgt die Meisterschaft per Livestream.
Im Vorjahr mussten die Titelkämpfe der unter 23-jährigen bedingt durch die Corona-Pandemie entfallen und auch in diesem Jahr ist man von Normalität noch ein gutes Stück entfernt. Aufgrund einer maximal für die Veranstaltung zugelassenen Personenzahl wurden auch die Teilnehmerfelder begrenzt. Dazu hob der DLV die Mindestleistungen für die Zulassung zu den Wettbewerben größtenteils deutlich an. Beispielsweise über 100 Meter der Männer von 11,00 Sekunden auf 10,70 Sekunden oder über 1500 Meter der Frauen von 4:48,00 Minuten auf 4:29,00 Minuten. Auch die Speerwerferinnen müssen für eine Teilnahme heuer vier Meter mehr anbieten als bei der letzten Meisterschaft im Jahr 2019. Die Folge: In 24 von 34 Wettbewerben, also in etwa 70 % der Fälle, konnte die maximal zulässige Teilnehmerzahl laut der Teilnehmerliste vom Montag nicht erreicht werden. Über 100 Meter der Frauen finden sich derzeit 14 statt der maximal möglichen 24 Namen in der Liste. Da die Münchnerin Viola John verletzungsbedingt zurückziehen muss, werden es wohl allenfalls 13 Starterinnen sein. Eine Meldung für das Wochenende abgegeben hatte auch Langsprinter Vincente Graiani. Nach mehreren Rückschlägen im Vorjahr hatte sich der frühere Bundeskaderathlet in diesem Sommer stark zurückgemeldet. 21,85 Sekunden hat er Samstag in Regensburg über 200 Meter angeboten. In seiner Hauptdisziplin über die Stadionrunde steigerte er sich in den letzten Wochen bis auf 48,54 Sekunden. Da diesmal 48,50 Sekunden für eine Zulassung zum 400-Meter-Wettbewerb gefordert sind, wurde sein Start beim Saisonhöhepunkt ablehnt. Dabei sind derzeit lediglich elf der 18 400-Meter-Startplätze vergeben. Im Gegensatz zu dieser strickten Verfahrensweise im Sprint wird das Auffüllen der Felder mit Athletinnen und Athleten ohne Mindestleistung in einigen Lauf- und Sprungdisziplinen durchaus praktiziert.
Auf einem aussichtsreichen vierten Platz der Meldeliste steht Kugelstoßerin Selina Dantzler. Sie ist in der Vorwoche von ihrem Auslandsstudium in Miami (Florida/USA) nach München zurückgekehrt. Mit im Gepäck hatte sie eine Saisonbestleistung von 16,20 Metern (EM-Norm: 16 Meter). Da der Rückstand auf die Jahresbeste Jule Steuer (SC Magdeburg) gerade mal 36 Zentimeter beträgt und sich folglich auch die Differenz zu den dahinter folgenden Hanna Meinikmann (TV Wattenscheid/16,48 Meter) und Lea Riedel (VfL Sindelfingen/16,40 Meter) in Grenzen hält, ist ein spannender Wettbewerb vorprogrammiert. Sicher wird hier die Tagesform der Teilnehmerinnen eine entscheidende Rolle spielen. Zusätzlich zum Kugelstoß am Sonntag geht Dantzler bereits am Vortag im Diskuswurf an den Start.
Speerwerferin Elisabeth Hafenrichter reist mit 52,00 Metern (EM-Norm: 55 Meter) und damit ebenfalls mit der viertbesten Vorleistung an. Chancen aufs Treppchen sind auch hier durchaus gegeben, allerdings wird dazu wohl eine Steigerung von der 21-jährigen gefordert sein. Ähnliches gilt für Linus Limmer im Männerfeld, dessen Speer heuer erst nach 72,14 Meter Bodenberührung hatte (EM-Norm: 76 Meter). Erst drei Konkurrenten warfen das 800-Gramm-Gerät in diesem Sommer weiter. Für beste physische Voraussetzungen hat Trainer Jonas Bonewit gesorgt. Gelingt es ihm in Koblenz auch einige technische Feinheiten zu verbessern, ist für Limmer viel möglich.
Plötzlich gar Mitfavorit auf den Titel ist 100-Meter-Sprinter Yannick Wolf, der sich kürzlich in Regensburg noch auf 10,32 Sekunden (EM-Norm: 10,40 Sekunden) verbessert hat. Erst am Donnerstag hatte der DLV mitgeteilt, dass der Deutsche Meister Marvin Schulte (SC DHfK Leipzig) und Lucas Ansah-Peprah (Hamburger SV), beide vor Wolf gelistet, wohl zugunsten der Olympia-Vorbereitung auf die U23-DM verzichten werden. Auch über 200 Meter ist Wolf, der auf dieser Strecke per Sonderstarterlaubnis antritt, für eine Überraschung gut. Wolf ist im Übrigen der einzige Münchner im diesjährigen Aufgebot, der bereits über Podest-Erfahrung bei der U23 verfügt: 2019 gewann er in Wetzlar Bronze im Weitsprung.
Auf einen Platz im 100-Meter-Finale hofft auch der bayerische U20-Rekordhalter Fabian Olbert in seinem ersten Jahr in der U23. Bei 10,46 Sekunden steht bislang seine Saisonbestleistung. Dritter Münchner unter den 19 Startern über 100 Meter ist Florian Knerlein mit einer Meldeleistung von 10,70 Sekunden. Der mehrfache deutsche U18-Meister, der noch in der U20 startberechtigt ist, peilt zudem einen Start über die doppelte Distanz an, in der er kürzlich erst seine Bestleistung auf 21,52 Sekunden drücken konnte. Einen Doppelstart in den weiblichen Sprintkonkurrenzen plant Tina Benzinger. Sie hat in der Anfangsphase der Freiluftsaison auf beiden Strecken mit 11,64 Sekunden über 100 Meter und 24,17 Sekunden über 200 Meter überzeugende Bestzeiten aufgestellt und insbesondere über 100 Meter (EM-Norm: 11,50 Sekunden) gute Voraussetzungen, weit vorne zu landen.
Realistische Top6-Chancen haben die beiden U20-Jugendlichen Dominik Idzan und Alexander Schaller. Sie haben kürzlich auf Anhieb mit den im Vergleich zu ihrer Altersklasse schwereren Wurfgeräten der Männer die U23-Mindestleistungen erfüllt. 15,94 Meter waren es bei Idzan mit der 7,26-Kilogramm-Kugel. Auch Schaller hat die Zulassungsvoraussetzungen mit einer Weite von 50,79 Metern mit dem Zwei-Kilogramm-Diskus deutlich übertroffen.
Zu den jüngsten Teilnehmerinnen dieser Meisterschaft gehört die 17-jährige Stabhochspringerin Lena Zintl. Erst vor kurzem hat sie ihre letzte Abiturprüfung geschrieben und just am Wochenende darauf in Zweibrücken ihr in diesem Sommer bislang bestes Freiluft-Resultat von 3,70 Meter erzielt. Nach Ansicht ihres Vaters und Trainers Bernhard Zintl hat sie dabei angedeutet, auch noch deutlich höher springen zu können.
Von den diesjährigen Deutschen U23-Meisterschaften gibt es Live-Ergebnisse sowie mehrere Livestreams. Los geht es am Samstag, 26. Juni, um 12:15 Uhr.
Beitragsbild: Theo Kiefner