Katharina Trost von der LG Stadtwerke München steht als erste deutsche Läuferin seit dem Jahr 2000 in einem 800-Meter-Halbfinale der Olympischen Spiele. Um 10:33 Uhr Ortszeit lief sie im zweiten und schnellsten von sechs Vorläufen in 2:00,99 Minuten als Fünfte über die Ziellinie und qualifizierte sich über die Zeit für die Vorschlussrunde am Samstag, 31. Juli, um 21:10 Uhr (14:14 Uhr dt. Zeit). Die zweite Münchnerin im Wettbewerb, Christina Hering, ist hingegen ausgeschieden. In einem taktisch schwierigen Vorlauf reichte es für die Deutsche Meisterin, die ebenfalls als Fünfte ins Ziel kam, nur zu einer Zeit von 2:02,23 Minuten. Das genügte in dieser Konkurrenz, in der das Teilnehmerfeld zunächst von 46 auf 24 Läuferinnen reduziert wurde, nicht für die nächste Runde. Fünf Jahre nach ihren ersten Olympischen Spielen in Rio de Janeiro muss sie somit erneut ein Vorlauf-Aus hinnehmen.
Bei 27 Grad Außentemperatur und mehr als 80% Luftfeuchtigkeit war Trost am Freitagvormittag im Tokioter Olympiastadion als Erste des Münchner Duos gefordert. Die weltweit drittschnellste Läuferin dieses Jahres, die Jamaikanerin Natoya Goule, kontrollierte in diesem zweiten Vorlauf das Geschehen. Nachdem sie die erste Runde in 59,90 Sekunden absolviert hatte, bestimmte sie das Tempo weiter von der Spitze weg und lieferte in 1:59,83 Minuten die beste Zeit der gesamten Vorrunde ab. Auch dahinter ging es richtig zur Sache: Noelie Yarigo (Benin) lief als Zweite mit 2:00,11 Minuten Saisonbestzeit und schaffte damit ebenso die direkte Halbfinalqualifikation wie die Drittplatzierte Norwegerin Hedda Hynne (2:00,76 Minuten). Im Spurt um die Plätze vier und fünf duellierte sich Katharina Trost mit Halimah Nakaayi, der Weltmeisterin von 2019. Sieben Hundertstelsekunden Vorsprung konnte die Frau aus Uganda mit einer Zeit von 2:00,92 Minuten gegenüber Trost behaupten. Als Fünfte mit 2:00,99 Minuten musste die Münchnerin nun vier weitere Vorläufe mitansehen, um ob des Weiterkommens über die Zeit Gewissheit zu erhalten: „Darüber, dass es im Ziel der fünfte Platz war, war ich erstmal enttäuscht. Ich saß lange da und hab gezittert. Ich habe mitgezählt, ob es reicht. Wirklich geglaubt habe ich es erst als ich das kleine q neben meinem Namen auf der großen Anzeigetafel gesehen habe und dann auch ein paar Tränchen verdrückt. Das erste Ziel ist erreicht und darüber bin ich super happy“, so Trost, die schlussendlich als 13. weiterkam. Ein Erfolg, der als letzte deutsche Läuferin übrigens Claudia Gesell im Jahr 2000 in Sydney gelang.
Drei Halbfinalläufe sind für morgen Abend ab 20:50 Uhr Tokioter Zeit angesetzt. Die 26-jährige Münchnerin ist im letzten Semifinale gefordert. Acht Läuferinnen werden fürs Finale am Dienstag gesucht. Von den 24 Halbfinalistinnen ziehen je Lauf nur die ersten beiden (Q) sowie zwei Zeitschnellste (q) in den Endlauf ein. „Ich freue mich, dass die Halbfinals morgen Abend sind, denn so bleibt mir etwas Zeit zur Regeneration. Ich möchte morgen mit mehr Mut und mehr Kraft an die Sache gehen als in Doha, da war ich noch vollkommen überwältigt. Ich habe mich seit damals um fast zwei Sekunden verbessert und bin auf jeden Fall gut drauf. Morgen werde ich noch mal alles geben, um das zu zeigen.“
Das Quäntchen Glück, das Trost heute auf ihrer Seite hatte, fehlte Christina Hering. In ihrem Vorlauf, dem insgesamt dritten, setzte sich die erfahrene Vizeweltmeisterin von 2015, die Kanadierin Melissa Bishop-Nriagu nach dem Reinlaufen an die Spitze und bremste das Feld bei 200 Meter regelrecht aus. Zwar ließ sich das die Weltjahresschnellste Athing Mu aus den USA nicht lange bieten und ging nach vorne, doch die 400-Meter-Durchgangszeit von 1:02,09 Minute ließ schon erahnen, dass der Lauf eher zu den langsameren gehören würde. Als das Tempo dann nach 600 Metern forciert werden sollte, war es abermals die Kanadierin, die auffiel. Sie verschaffte sich sichtbar Platz, schob Mu von hinten an und brachte dabei auch die neben ihr laufende Hering aus dem Tritt, die sofort etwas zurückfiel. In der Folge hatte die sonst so spurtstarke Münchnerin keine Chance mehr auf eine Top3-Platzierung. Das direkte Weiterkommen sicherten sich die hochfavorisierte Mu in 2:01,10 Minuten, die Äthiopierin Habitam Alemu (2:01,20 Minuten) und Joanna Jozwik aus Polen (2:01,87 Minuten). Über die Zeit schaffte es keine Läuferin aus diesem Vorlauf in die nächste Runde. Auch die Kanadierin, die in 2:02,11 Minuten knapp vor Hering ins Ziel kam, schied aus.
„Für mich kam es schon überraschend, dass die Kanadierin da komplett die Bremse reingehauen hat. Das hat für uns alle das Rennen irgendwie ein bisschen kaputt gemacht. Und im Endeffekt ist sie jetzt auch raus. Und dann hat sie sich noch mal richtig rausgedrängt bei 700 Metern, ich weiß nicht, inwieweit sie mich da richtig behindert hat, aber ich war dann gleich zwei, drei Meter hinten, und das konnte ich auf der Zielgeraden nicht aufholen. Das ist super bitter. Ich hatte ja schon einen sehr starken Vorlauf, aber ich hatte gehofft, dass es wenigstens eine schnelle Zeit wird. Zum Glück hat es Kathi noch geschafft, wir haben jetzt gerade noch zusammen gezittert bis zum letzten Lauf. Dann ist es jetzt wenigstens nicht für die ganze Trainingsgruppe super enttäuschend“, sagte Hering im Anschluss.
Die ARD überträgt die Leichtathletik-Wettbewerbe in Tokio am Samstag ab 12:15 Uhr deutscher Zeit. Eine ständig aktualisierte Übersicht zu den Livestreams bietet der Deutsche Leichtathletik-Verband hier.
Eine Zusammenfassung der Ergebnisse aller 800-Meter-Vorläufe finden Sie hier. Die Laufeinteilung der morgigen Halbfinals finden Sie hier.
Beitragsbild: IMAGO / Beautiful Sports