„Ich setze mich nicht unter Druck“ – Selina Dantzler vor ihrem WM-Start

Selina Dantzler von der LG Stadtwerke München
Selina Dantzler gehört in Nairobi zum Favoritenkreis, Foto: Theo Kiefner

Kugelstoßerin Selina Dantzler von der LG Stadtwerke München steht vor ihrem Start bei den U18-Weltmeisterschaften im kenianischen Nairobi. 15 Sportlerinnen aus zwölf Nationen messen sich bereits am Mittwoch, 12. Juli, um 17:15 Uhr (MESZ) im Kugelstoß-Finale. Die Münchnerin zählt bei ihrem ersten Einsatz im Nationaltrikot zu den Favoritinnen. Mit ihrer Bestweite von 18,19 Metern führt Dantzler nicht nur die deutsche Jahresbestenliste an, sie hat damit auch im Teilnehmerfeld die beste Vorleistung vorzuweisen. Wir haben vor der Abreise nach Nairobi mit der 17-jährigen Gymnasiastin gesprochen.

Glückwunsch nochmal zu deinem Nairobi-Ticket. Wie hast du denn von der Nominierung erfahren?
Dantzler: Unmittelbar nach dem entscheidenden Quali-Wettkampf in Schweinfurt kam Bundestrainer Christian Sperling auf mich zu und hat mich auf die Tribüne gebeten. Es ging alles relativ schnell. Gesprochen wurde unter anderem über die Einkleidung und die ärztliche Versorgung. Die erforderlichen Impfungen habe ich sicherheitshalber schon im Februar gemacht und zum Glück hinter mir. Da ich die ganze Saison über auf konstant hohem Niveau gestoßen habe, die beste Vorleistung aller Kandidatinnen vorweisen konnte und ja auch in Schweinfurt gewonnen habe, habe ich ihm die Entscheidung leicht gemacht, denke ich.

Du hast die zweitbeste Vorleistung der Welt und es heißt, die Führende, die Niederländerin Jorinde von Klinke, wird nicht starten. Steigt deshalb der Erwartungsdruck?
Dantzler: Ich setze mich nicht unter Druck. Eine Bestleistung wäre aber schon toll. Der Traum wäre eine Medaille, in welcher Farbe, bin ich mir gar nicht sicher.

Wie bist du eigentlich zum Kugelstoßen gekommen?
Dantzler: Ich habe immer schon gerne Sport gemacht und war schon mit acht Jahren beim TSV München-Ost Leichtathletin. Zuerst war es Spiel und Spaß. Mit zehn hat mich Andi Bücheler (bis heute ihr Trainer, d. Red.) angesprochen, ob ich mal Wurf trainieren will, weil ich schon ziemlich groß war. Irgendwann habe ich dann angefangen, mich zu spezialisieren, obwohl ich in dieser Zeit auch zwei Mal deutsche Schülermeisterin im Blockmehrkampf gewesen bin.

Apropos, wenn du einer Zehnjährigen das Kugelstoßen schmackhaft machen möchtest, was sagst du ihr?
Dantzler: Dass es eine unglaublich dynamische Sportart ist. Es ist jedes Mal ein schöner Erfolg, wenn man die Technik wieder etwas besser beherrscht und dadurch weiter stößt.

Wie oft trainierst du pro Woche?
Dantzler: So sieben bis acht Mal. Da ich aufs Isar-Gymnasium gehe, ist das zeitlich möglich. An drei Tagen beispielsweise trainiere ich zwischen acht und halb zehn Uhr morgens im Rahmen des Sportunterrichts.

Was ist für dich das Wichtigste vor einem Wettkampf?
Dantzler: Einen Glücksbringer oder ein spezielles Ritual habe ich nicht. Ich versuche mich vorm Stoßen einfach immer so gut wie möglich auf den Wettkampf zu konzentrieren.

Bei den Wettkämpfen fällt auf, dass du zwei verschiedene Schuhe trägst. Was hat es damit auf sich und werden wir dich auch in Nairobi damit sehen?
Dantzler: Die zwei verschiedenen Schuhe trage ich, weil sie verschiedene Sohlenbeschaffenheiten haben und ich mit einer harten Schuhsohle nicht so gut klarkomme. Der schwarze Schuh mit der weichen Sohle ist in Deutschland nicht mehr erhältlich, daher trage ich ihn solange er der Belastung noch standhält und auf der anderen Seite, wo die Sohle ruhig härter sein darf, eben einen neueren Wurfschuh.

Dass du beim Kugelstoß besonders viele Stärken hast, ist bei deinen Weiten keine Frage. Woran könntest du noch arbeiten?
Dantzler: Mein Abstoß und der Stoß selber sind, würde ich sagen, ganz dynamisch, ja. Den Auftakt hingegen muss ich noch stabilisieren. Und an der Technik grundsätzlich kann man immer was verbessern.

Du hattest die WM-Qualifikation auch im Diskuswurf erreicht, gehörst also auch hier zu den besten deines Alters. Auf welcher Disziplin soll in den nächsten Jahren der Fokus liegen?
Dantzler: Das muss man sehen. Nächstes Jahr in der U20 wiegt die Kugel dann vier statt jetzt in der U18 drei Kilogramm. Beim Diskus verändert sich gewichtsmäßig gar nichts. Das lasse ich auf mich zukommen.

Hast du nach der WM noch ein Saisonziel?
Dantzler: Ja, ich habe mir fest vorgenommen, dass ich bei den deutschen U18-Meisterschaften Anfang August gewinnen möchte.

Danke für das Interview, eine gute Reise und natürlich viel Erfolg!

Die offizielle Veranstaltungswebseite der U18-Weltmeisterschaft lautet http://wu18nairobi2017.com/. Eurosport 2 überträgt am Mittwoch von 17 bis 19:15 Uhr vom ersten Wettkampftag in Nairobi.

Das Interview führte Dietrich Mauersberg.